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Warum nicht einen Au-Pair-Jungen einladen?

von Judith Liehr

Nach wie vor sind männliche Au-Pair-Bewerber schwieriger zu vermitteln, als Au-Pair-Mädchen – ist das aber wirklich noch zeitgemäß?

Es waren die Bewerbungsunterlagen von zwei Au-Pair-Jungen, die mich veranlasst haben, diesen Beitrag zu schreiben. Ich hatte sie zufällig alle beide am gleichen Tag durchgesehen – hervorragende Bewerber mit erstklassigen Referenzen. Den Profilen war zu entnehmen, dass sie alle beide im Vorfeld ihrer Bewerbung jedes nur mögliche Schulungsangebot wahrgenommen hatten – einer der beiden hatte, zusätzlich zu seinen anderen Referenzen, noch ein längeres Praktikum in einem Kindergarten absolviert. Nebenbei bemerkt, hatte er außerdem bereits einen Bachelor im Bereich Sportpädagogik. Alle beide hatten auch bei der Auswahl der Fotos darauf geachtet, dass man sie im Kreis möglichst vieler Kinder, beim Staubsaugen und sogar beim Kochen sah. Schade, dachte ich, es wird schwierig werden, für diese beiden Jungs eine Gastfamilie zu finden.

Rollenklischees im Wandel der Zeit

An dieser Stelle möchte ich etwas weiter ausholen. Als ich im Jahr 1999 mit der Vermittlung von Au-Pairs begann, war ich, zumal ich selbst zwei Söhne habe, selbstverständlich der Meinung, dass es völlig egal sein müsste, ob die Au-Pair nun männlich oder weiblich wären. Relativ schnell wurde ich eines besseren belehrt, denn die ersten männlichen Au-Pair-Bewerber aus dieser Zeit entpuppten sich recht schnell als gänzlich ungeeignet. Es war vielmehr so, dass ihre Motivation sich dafür zu bewerben, ganz sicher nicht darin lag, an einem Kulturaustauschprogramm teilnehmen zu wollen, sondern vielmehr darin, einfach ins Ausland zu reisen – egal wie. Es dauerte im Anschluss daran gute fünf Jahre, bis ich mich diesem Thema wieder näherte und ich muss sagen, es hat sich zwischenzeitlich wirklich viel geändert. Abgesehen davon, dass, auch in anderen Teilen der Welt, immer mehr junge Männer kein Problem mehr damit haben, sich bei Hausarbeiten und Kinderbetreuung zu beteiligen, sind heute die Anforderungen und Hürden des Programms auch höher geworden. Wer heute Au-Pair in Deutschland werden möchte und aus einem visapflichtigen Land kommt, muss eine Vorlaufzeit von mindestens einem Jahr einrechnen. Es muss ein gewisser Level an Deutsch-Kenntnissen erworben werden und, je nach Land und ausländischer Partnerorganisation, auch ein Trainingsprogramm absolviert werden. Männliche Au-Pairs müssen außerdem auch häufig damit rechnen, monatelang auf einen Familienvorschlag warten zu müssen. Kein Wunder also, dass sie sich ganz besonders darum bemühen, eine möglichst gute Bewerbung zusammenzustellen.

Au-Pair Junge mit einem Mädchen

Was kann ein männliches Au-Pair bieten?

Erfahrungsgemäß kann ich sagen, dass Gastfamilien, die sich einmal für einen Au-Pair-Jungen entschieden haben, auch in der Zukunft eher dazu tendieren, wieder einen männlichen Bewerber einzuladen. Häufig sind es natürlich Familien, die einen oder mehrere Söhne haben. Ich habe immer wieder von solchen Familien gehört, dass Au-Pair-Jungs einfach „unkomplizierter" seien – sie hätten weniger Heimweh , es sei ihnen nicht so wichtig, unbedingt andere Au-Pairs in unmittelbarer Nähe zu haben. Jungs gingen in Konfliktfällen auch weniger emotional, als eher recht sachlich an ein Problem heran und seien dann auch auf dieser Ebene an einer Lösung interessiert. Gesprächsbedarf entsteht zum Beispiel oftmals dann, wenn das Au-Pair die gleichen Computerspiele mag, wie die Kinder der Gastfamilie. In der Regel seien männliche Au-Pairs von Anfang an auch sehr selbstständig und fänden sich hier erstaunlich schnell zurecht. Als großen Pluspunkt sehen diese Familien auch die Tatsache, dass Jungs mit den ihnen anvertrauten Kindern am Liebsten wirklich aktive Dinge tun – Rad fahren, Schwimmen oder auf den Spielplatz gehen, eben einfach vorrangig draußen sein. Interessant finde ich es, dass die allermeisten Gastfamilien, die männliche Au-Pairs einladen, zunächst wenig oder gar keine Mithilfe im Haushalt erwarten (warum eigentlich nicht?). Natürlich kenne ich auch hier andere Geschichten, wie die des kenianischen Jungen, der nach kurzer Zeit freiwillig und gerne sogar die Bügelwäsche seiner Gastfamilie übernahm, oder die des Au-Pair-Jungen aus Usbekistan, von dem eine andere Gastfamilie noch heute schwärmt, weil sie weder vorher, noch nachher so gutes Essen von ihrem Au-Pair bekam (zugegeben – er war gelernter Koch!).

Insgesamt gesehen, lohnt es sich, meiner Meinung nach also durchaus, darüber nachzudenken, ob nicht für die eigene Familie auch ein männliches Au-Pair in Frage käme. Könnten Sie sich Ihren eigenen Sohn, sofern Sie einen haben, nicht auch durchaus als Familienmitglied auf Zeit bei einer Gastfamilie im Ausland vorstellen?

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Simon Staab am

Hallo Liebe/r Autor/in,
Ich würde gerne nach meinem abgeschlossenen Abitur ein Au-Pair Jahr in einem englischsprachigen Land machen. Können Sie mir zur Vermittlung einer solchen Stelle gute Partner/Austauschorganisationen empfehlen?
Mit freundlichen Grüßen, Simon Staab.

Antwort von Judith Liehr

Hallo Simon,

schauen Sie doch bitte auf unserer Webseite nach. Wir vermitteln Au-Pairs in viele englischsprachige Länder und sehr gerne auch qualifizierte männliche Bewerber.

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